Keine Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge
Was die Nichtvorlage einer positiven MPU für das zukünftige Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wie E-Scooter oder Fahrräder bedeutet, hat der VGH München am 17.04.2023 (Az.: 11 BV 22.1234) entschieden: § 3 FeV soll zukünftig keine Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge aufgrund von Verstößen gegen den Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mehr zulassen.
Rechtslage
Nach einer strafrechtlichen Trunkenheitsfahrt mit einem Mofa oder E-Scooter wird regelmäßig die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen. Ausnahmsweise wird auch ein Fahrverbot nach § 44 StGB verhängt. Da § 69 StGB daran anknüpft, dass sich die Ungeeignetheit beim Führen eines Kfz gezeigt hat, ist diese Maßnahme gegenüber einem Radfahrer ausgeschlossen. Es kann lediglich die Nebenstrafe des Fahrverbots nach § 44 StGB verhängt werden.
Nach den Umständen der Tat kann die Fahrerlaubnisbehörde eigene Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen haben. Hier können Sie dazu mehr lesen.
Sachverhalt
2016 wurde dem Kläger wegen einer Trunkenheitsfahrt mit 1,82 Promille die Fahrerlaubnis entzogen; nach Sperrfrist wurde keine neue Fahrerlaubnis erteilt. Wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einem fahrerlaubnisfreien Mofa mit 1,24 Promille verhängte das AG im Mai 2021 ein dreimonatiges Fahrverbot nach § 44 StGB.
Im Juni 2021 ordnete das Landratsamt auf Grundlage von § 13 S. 1 Nr. 2b FeV die Beibringung einer MPU an, da der Kläger wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen hat und geklärt werden müsse, ob beim Kläger zukünftig ein ausreichendes Trennungsvermögen zwischen Alkoholkonsum und Führen von Fahrzeugen vorhanden sei. Der Kläger verweigerte die Beibringung der MPU, woraufhin ihm das Landratsamt mit Bescheid vom 04.10.2021 untersagte, fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen; nichtmotorisierte Fahrzeuge wurden ausdrücklich ausgenommen.
Im November 2021 erhob der Kläger hiergegen Klage zum VG Augsburg. Dieses wies die Klage ab, da die auf § 3 Abs.1 S.1 FeV ergangene Entscheidung des Landratsamtes rechtmäßig gewesen sei (Urteil vom 21.02.2022, Az.: Au 7 K 21.2287). Die Berufung des Klägers hatte beim VGH München Erfolg.
Begründung
Zweifel bestehen nach Ansicht des Gerichts zwar bereits, ob die durch die MPU zu klärende Fragestellung (die zukünftige Eignung zum Führen sämtlicher motorisierter und nichtmotorisierter Fahrzeuge) rechtmäßig war. Da aber § 3 Abs. 1 S. 1 FeV als Rechtsgrundlage für die Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar sei, konnte dies dahinstehen. Die Vorschrift sei weder hinreichend bestimmt noch verhältnismäßig und folglich unwirksam. Auf einen solchen Verstoß könne keine Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge gestützt werden.
Es wäre geboten, an die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge weniger hohe Anforderungen zu stellen als an das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge. Es sollte ferner zwischen fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen und sonstigen Fahrzeugen (Fahrrad) unterschieden werden. Der VGH München hat zur verbindlichen Klärung die Revision zum BVerwG zugelassen.
Uns liegen vermehrt Fälle vor, in denen eine Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrrädern untersagt, trotz dieser eindeutigen Entscheidung. Uns liegen auch Untersagungs-Bescheide vor, die ausdrücklich eine Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge vorsehen, auch nichtmotorisierter Fahrzeuge. Interessant bleibt daher weiterhin die Eignung für fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge wie E-Scooter oder Mofa, ob auch in NRW keine Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge gestützt auf § 3 FeV erfolgen darf.
Nachdem das BVerwG mit Urteil vom 04.12.2020 (Az.: 3 C 5/20) bereits festgestellt hatte, dass das StVG und die FeV das Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen, nur punktuell regeln und einige Auslegungsfragen bestehen, so dass hier seitens der Gesetz- und der Verordnungsgeber für Klarheit zu sorgen sei, wird einer Revision gespannt entgegengesehen.
Erfolgsaussichten
Diese hängen vom Einzelfall ab. Wenden Sie sich bitte direkt an uns und lassen keine Zeit verstreichen, nur dann können wir für Sie die Erfolgsaussichten prüfen.
Damit haben wir Ihnen die wichtigsten Fakten aufbereitet, dass gestützt auf § 3 FeV keine Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge erfolgen darf.
Auch wenn Sie über keine Rechtsschutzversicherung verfügen, sollten Sie dennoch abklären, welche Möglichkeiten der Verteidigung bestehen.
0221 252123
michelske@michelske.de
Ihr
Marc Michelske
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
ADAC Vertragsanwalt
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