Rotlichtverstoß bei defekter Ampel

Liegt ein Rotlichtverstoß bei defekter Ampel vor, wenn eine Person davon ausgehen darf, dass die Ampel defekt ist.

Zugrunde liegender Beschluss des OLG Hamburg vom 11.09.2023 (5 Orbs 25/23)

Sachverhalt

Die betroffene Radfahrerin befuhr am 24.07.2022 gegen 20:15 eine Straße in Richtung Süden. Ordnungsgemäß hielt sie an der für sie rot anzeigenden Ampel, juristisch Lichtzeichenanlage (LZA).

Nach, von dem AG Hamburg-Blankensee (AG) und der Betroffenen geschätzten, 5 Minuten überquerte sie die Kreuzung. Dem Entschluss zugrunde liegend war die Vermutung der Betroffenen, es handle sich um eine defekte Ampel und sie verstoße daher mit der Straßenüberquerung gegen keine gesetzliche Regelung. Tatsächlich war die LZA jedoch mit einer Kontaktschleife ausgestattet und nicht defekt.

Zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder der Betroffenen selbst kam es nicht.

Urteilsgründe des Amtsgerichts

Das AG Hamburg-Blankensee (512 OWi 336/22) verhängte gegen die Betroffene eine Geldbuße in Höhe von 100€ und wertete den Geschehensablauf insofern als einen vorsätzlichen, qualifizierten Rotlichtverstoß gemäß §§ 37 Abs. 2 S.2 Nr.1 und 6, 49 Abs.3 Nr.2 StVO i. V. m. § 24 StVG.

Zur Begründung wurde unter anderem angeführt, die Betroffene habe, anders als bei einem Kraftfahrer in vergleichbarer Situation, die Möglichkeit gehabt, von ihrem Fahrrad abzusteigen und die Kreuzung als Fußgängerin, mit Betätigung der Fußgängerampel, zu überqueren. Zudem sei die LZA überhaupt nicht defekt, damit auch zu beachten gewesen.

Nachprüfung des OLG Hamburg:

Das OLG Hamburg hob das Urteil des Amtsgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.

Zum einen führte das OLG an, die Betroffene habe sich in einem den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum befunden.

Ein solcher liegt nach allgemeiner Rechtsaufassung immer dann vor, wenn eine Person über die Strafbarkeit ihrer Handlung irrt, also nicht erkennt, dass sie eine strafbare Handlung vornimmt. Liegt ein solcher vor, würde dies den Vorsatz ausschließen.

Zum anderen wird auf den zugrunde liegenden Verwaltungsakt verwiesen. Bei der roten Lichtanzeige einer Ampel handelt es sich wiederrum um einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung, mit dem Sinngehalt, an dieser anzuhalten.

Dieser Sinnhaftigkeit wird dann zur Unsinnigkeit, wenn die LZA defekt ist und dauerhaft auf rot steht, da sie ihre zweckgemäße Bestimmung einer Wechsellichtzeichenanlage nicht mehr erfüllt.

Der Verwaltungsakt ist in diesem Szenario als nichtig anzusehen und ein Rotlichtverstoß kann nicht vorliegen.

Geht nun jemand irrig davon aus, die LZA sei defekt und der Verwaltungsakt damit nichtig, kann ein Überqueren der Straße keinen Rotlichtverstoß darstellen.

Dabei darf es keinen Unterschied machen, ob es sich um eine Kraft- oder Fahrradfahrerin handelt, alle Verkehrsteilnehmer sind gleichwohl betroffen.

Fazit 

Nach entsprechender Wartezeit können Sie davon ausgehen, dass es sich bei dem andauernden Rotlichtsignal um eine Funktionsstörung handelt und unter Wahrung besonderer Sorgfaltsanforderungen, vorsichtig, in den Kreuzungsbereich einfahren.

Das gleiche darf dann gelten, wenn die LZA nicht defekt ist, es sich vielmehr um eine sich bei Bedarf auslösende Kontaktschleifenschaltung handelt, die bei bestimmten Verkehrsteilnehmern nicht reagiert.

Erfolgsaussichten

Diese hängen vom Einzelfall ab. Wenden Sie sich bitte direkt an uns und lassen keine Zeit verstreichen, nur dann können wir für Sie die Erfolgsaussichten prüfen.

Damit haben wir Ihnen die wichtigsten Fakten aufbereitet zu Rotlichtverstoß bei defekter Ampel.

Auch wenn Sie über keine Rechtsschutzversicherung verfügen, sollten Sie dennoch abklären, welche Möglichkeiten der Verteidigung bestehen, sollten Sie in einem ähnlichen Fall einen Bußgeldbescheid erhalten.

Kontakt

0221 252123

michelske@michelske.de

Ihr

Marc Michelske

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Verkehrsrecht

ADAC Vertragsanwalt

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